Katharina Könemann, 32 Jahre

 

Ich bin 32 Jahre alt. Bin um 15.21 Uhr im Johan-

niskrankenhaus in Bielefeld geboren. Bin in den Bültmannshof-Kindergarten gegangen, dann in die Bültmannshofschule, dann Bosse-Realschule, dann Max-Planck-Gymnasium. Dann hab ich Germanistik studiert und Linguistik und Texttechno-

logie (das ist Computer-Blabla). Und ich hab in Herne Wanne-Eickel ein Praktikum gemacht in der Musikbranche bei rough trade. Das hat echt Spaß gemacht. Werbetexterei mit Musik verbinden, so hatte ich mir das gedacht. Am besten in London und dann noch 'nen tollen Mann dazu.

Mit 26 Jahren hab ich zwei Schlaganfälle bekom-

men. Dann lag ich erst mal sechs Wochen im Koma. Und dann, als ich aufwachte, war mein erstes Wort "Gummiboot". Ich bin froh, dass ich sprechen kann. Aber lieber wäre mir das Laufen, ehrlich. Seit den Schlaganfällen bin ich halbseitig gelähmt und sitze im Rollstuhl. Ich arbeite in der Werkstatt für behinderte Menschen, der WfbM Basan, mache dort verschiedene Arbeiten.

 

Ich bin stolz, Bielefelderin zu sein!

 

Ich rege mich auf, wenn Leute über Bielefeld lästern. Oder den Spruch sagen "Bielefeld gibt's doch gar nicht!" Da könnt ich die Pimpernellen kriegen. oder die Wände hochgehen. Ich weiß nicht, was mich an Bielefeld so begeistert. Wenn ich dagegen Berlin sehe - Bielefeld ist so gemütlich. Berlin ist Bielefeld in groß. Unübersichtlicher eben. Die Bielefelder sind ehrlicher als die Wiener oder die Münchner zum Beispiel. Gegen die Münchner hab ich sowieso was. Die Menschen hier sind rundheraus ehrlich. Die Berliner zwar auch, aber die ham so 'ne kötterige Schnauze. Die Bielefelder sagen, was sie denken.

Es ist hier übersichtlich. Das kan zwar so oder so sehen, aber jede Seite hat ihre dunkle Seite. Finde ich. Ich kenne ja auch gar nicht so groß was anderes. Ich bin in Bielefeld geboren. Im Johannis-Krankenhaus. Habe immer hier gelebt und werde immer hier leben. Eigentlich wollte ich nach meinem Studium nach London ziehen. Dann kam der Schlaganfall dazwischen. Seitdem ist Rehoboth mein London. In London kannste shoppen gehen, kannste billige Tickets für Musicals besorgen. Ich bin unheimlicher Musical Fan. Ich hab schon tolle Musicals gesehen: Saturday Night Fever, Buddy. das Nachtleben in Bielefeld gefällt mir. Es ist zwar etwas begrenzt, besonders bei der Musikrichtung, die man favorisiert (Metal, Rock), aber in den Ringlokschuppen bin ich immer gern gegangen. Das war meine Stammdiskothek. Samstags bin ich dann immer nach Herford ins "X".

Ein paar mehr Klamottenläden für Übergrößen könnte es hier geben. Ich hatte mal 'ne Freundin über 1,80m, die hat auch keine Klotten gefunden, die musste auch immer nach Osnabrück fahren. Das find ich schon ein Armutszeugnis, dass man weg muss, um Klamotten zu finden, wenn man nicht gerade der Norm entspricht.

Bielefeld ist meine Lieblingsstadt. Mal abgesehen von London. Auf London lass ich nichts kommen. Ich wollt' auch mal 'nen Engländer heiraten. Wie die in der Presse dargestellt werden, teilweise stimmt das ja auch. In der Disco auf der Klassenfahrt in London hatte ich gleich 'nen Typ auf mir liegen. Ich hatte einen netten Klassenkameraden, der mich beschützt hat. Dem könnt' ich immer noch für danken.

Der Rosengarten ist mein Lieblingsort in Bielefeld. Da hab ich auch immer meinen Geburtstag gefeiert, nachts. Und danach in den Ringlokschuppen.

Jetzt fällt mir spontan zu Bielefeld auch nichts mehr ein.

 

 

Behindert in Bielefeld

 

Behindertenparkplätze gibt es fast gar nicht. Deshalb fahren wir auch meistens nach Gütersloh wenn wir shoppen gehen. Und wenn, dann musst Du in Bielefeld 1000 Kilometer laufen.

Konzert - meinst'e da gibt's Behindertenplätze? Ne! Zumindest bei "Milos" gab's keine. Es wurden keine Plätze freigehalten für Rollifahrer. Danke Herr Stratmann!

Ein paar mehr Discos könnte es geben, die befahrbar sind mit dem Rollstuhl. Der Ringlokschuppen ist befahrbar. Aber ich komm ja von hier nicht hin.

Noch was: Die Busfahrer, die könnten einem mehr helfen beim reinkommen in den Bus. Was ich da schon für Geschichten gehört habe! Die fahren einfach weiter, wenn da ein Rollifahrer steht. Wie abgebrüht kann man denn sein! Zu bequem sein, mal die Rampe rauszuholen! Ich hab's noch nicht erlebt. wenn, dann würde ich auch gleich zu den Stadtwerken gehen und mich beschweren.

Kino ist auch scheiße. Wenn du immer den Kopf so hochhalten musst in der ersten Reihe - unmöglich! Wenn dann ein Film noch Überlänge hat, das ist nicht machbar.

Ich hätte gern mehr Freizeitangebote für Behinderte mit dem Rollstuhl. Zum Beispiel 'ne Disco (siehe oben). Kino (siehe oben), Konzerte (siehe oben).

Bielefeld und Behinderung - katastrophal!

 

 

 

Mein Bielefeld-Gedicht

 

Bielefeld ist meine Stadt

Da bin ich satt

 

Bielefeld ist meistens toll

Da bin ich gerne voll

 

Bielefeld ist meine Stadt

Da hol ich mir gerne rat

 

Bielefeld ist einfach schön

Da kriegt man keinen Föhn

 

Bielefeld ist schlau

Das interessiert keine Sau

 

Bielefeld das gibt es nicht

Das ist überhaupt nicht meine Sich