Katze, 35 Jahre

 

Ich komme aus 'nem reichen Elternhaus. Diese Umgebung war schon in jungen Jahren für mich nicht ansprechend. Ich distanzierte mich davon und wurde glücklich. Ich lebte lange als Punk auf der Straße. Hab jetzt 'ne Tochter, die ist fünf. Arbeiten gehen heißt für mich schnorren gehen. Das war's denk ich im kurzen Ganzen.

 

Meine Texte:

 

Wie ich nach Bielefeld kam

 

Ich war von Dortmund auf dem Weg nach Berlin mit dem ICE. Hatte kein Ticket und wurde dann in Bielefeld aus dem Zug geschmissen. Nach kurzem Aufenthalt bei der Polizei traf ich am Bahnhof ein paar Punks und bunte Leute. Die fragte ich, wo ich ein Bier kaufen kann und so lernte ich die Punker-Gemeinschaft und deren Freunde in Bielefeld kennen. Nach einer Woche war ich wieder weg, weil ich zum Force Attack nach Rostock wollte. Dort traf ich Leute wieder aus Bielefeld, mit denen ich dann nach Holland, Gießen und Nürnberg einige Zeit lang reiste. In dieser Zeit hatte ich eine - ja, wie soll ich das nennen - eine Wegbeziehung. Diese wurde dann schwanger und nach reiflicher Überlegung entschieden wir uns, das Kind zu behalten und wurden in Bielefeld dauerhaft sesshaft.

 

Ne Stadt bedeutet mir nicht viel. Ich bin ein Mensch ohne Wurzeln. Am Anfang war's für mich schon schwer ne Wohnung zu haben und so alles. Wenn man jahrelang auf der Straße lebt, immer aus dem Rucksack raus, ist das was anderes. Bielefeld hat schon seine Vorteile, es gibt schon schlimmere Städte. Egal wie man drauf ist, es ist für alle genug da: Olderdissen, Theater ... Auch zu mir sind die Menschen freundlich. Aber ich kenne es auch nicht anders, ich bin halt so ein freundlicher Schnorrer. Hatte hier noch nie Ärger mit der Polizei, da kenn ich andere Städte, die sind schlimmer. Auch meine Wohngegend, hinter Sieker, ist o.k. im Großen und Ganzen ein neutrales Umfeld. Die Leute kennen mich, wissen, was ich arbeite und grüßen mich entweder oder lassen mich in Ruhe. Böse Worte hab ich nicht gehört.

 

Meine Arbeit ist das Schnorren. Auf gut deutsch mach ich ja auch nur 'nen 400-Euro-Job. Ich sorge dafür, dass die Leute etwas heiterer durch die Gegend laufen. Irgendwann hab ich einfach angefangen, nach 'nem Lächeln zu fragen, nicht mehr nach Geld. Es ist halt nicht kapitalistisch. Ich frage zum Beispiel: "Haben sie noch ein bisschen Zeit für ein Lächeln?" oder "Kurz 'ne Handypause für ein Lächeln?" "Kann man Ihnen ein Lächeln auf die Lippen zaubern?" "Darf ich so unverschämt sein und sie um ein Lächeln bitten?" Ich bin ein Straßenkünstler, der die Leute erheitert. Wenn sie mir dann was geben, ist das ein Nebeneffekt. Ich war schon immer ein bescheidener Mensch, brauch keine teuere Anlage oder solche Sachen. Ist alles nur Schwanzverlängerung. Geld ist Mittel zum Zweck und nicht zum Horten da, zum Prollen und Angeben.

Ich wollte nie einer mit Anzug und Krawatte sein. Hab jetzt, mit Unterbrechungen, acht Jahre auf der Straße gelebt. Jetzt leb ich halt immer noch ein bisschen mein Punkerleben. Nur ein bisschen zurückhaltender, weil ich jetzt Verantwortung habe: Meine fünfjährige Tochter.

 

Meine Lebensphilosophie ist: Man hat ein Leben und das sollte man einfach so genießen und auskosten wie man es kann. Und ich finde man braucht auch kein zweites Leben. Warum abwarten bis man gestorben ist? Bei den einen hast du dann 40 Jungfrauen um dich rum, bei den andern sitzt du auf einer Wolke, bei den dritten schmorst du in der Hölle und hast es warm. Das brauche ich alles nicht. Der Mensch braucht etwas, woran er glauben kann. Ich glaube einfach an den Zufall, an mehr nicht. Wir sind nur Menschen, so besonders ist das auch wieder nicht. Der Sinn des Lebens ist es, das Leben, das Du hast glücklich zu genießen.

Ich bin Punk. Und ich finde, jeder Mensch sollte gleich behandelt werden. Wir Punks wollen frei sein, kein Boss, kein Geld, keine Drogen sollen unser Leben bestimmen. Wir wollen das Geld abschaffen. Jeder Mensch sollte arbeiten können, was ihm Spaß macht, nicht des Geldes wegen. Alle sollten das gleiche Recht haben und eine Wohnung über dem Kopf. Der Bauarbeiter genauso wie der Arzt. Der Kapitalismus, der ist nur schlecht. Es entstehen Seifenblasen, die irgendwann platzen. Und wen trifft's? Die Armen! Es klingt einfach, aber die Umsetzung ist schwierig.

Die Menschen sollten einfach auch mal was Uneigennütziges machen, ohne dafür Geld haben zu wollen, einen Preis zu erhalten oder ins Fernsehen zu kommen. Einfach was Gutes tun - das können die meisten sich nicht vorstellen.

Die Menschen sollen das Beste aus ihrem Leben machen. Alles hat was Gutes. Man sollte positiv in den Tag starten, auch wenn er beschissen anfängt.

Wir sind nur Menschen. Wenn die Menschen die einzigen intelligenten Lebewesen im Universum wären, das wäre schrecklich für mich. Denn ich glaube, es geht noch besser.,