Ulrike Schwank, 51 Jahre

 

Aufgewachsen in der DDR. 1996 nach Dresden und 1998 nach Bielefeld gezogen. Lehre zur Geflügelzüchterin, 1986-1989. Studium Agraringenieur für Tierproduktion erfolgreich abgeschlossen (Fachschulstudium). Seit 1989/1990 psychisch erkrankt und seit 1996 EU-Rente. Seit circa fünf Jahren in der Selbsthilfe hier in Bielefeld ehrenamtlich tätig (VPE). Da im erweiterten Vorstand. Es gibt von mir Veröffentlichungen zu meiner psychischen Erkrankung im psycho-sozialen Netz. Ich schreibe für den Rundbrief des VPE und beteilige mich an der Öffentlichkeitsarbeit zur Aufklärung über psychische Erkrankungen. Teilweise als Referentin tätig.

 

 

Meine Texte:

 

Eine Sächsin in Nordrhein Westfalen

 

Jana wurde in einer Kleinstadt groß. Dann zog es sie in die Hauptstadt von Sachsen. Jana obwohl seit der Kindheit traumatisiert, ist ein aufgeschlossener Mensch und versucht vielen Menschen mit denen sie ins Gespräch kommt zu helfen. Wir schreiben das Jahr 1996 und es hat sich viel verändert. Die Hauptstadt von Sachsen, zählt nun seit einigen Jahren schon zur Bundesrepublik. Zu DDR Zeiten, war es die Bezirksstadt. Durch die hohe Arbeitslosigkeit erlebt Jana nun die Menschen als sehr phlegmatisch und aggressiv. Viele haben noch die alten Strukturen im Kopf. Jana ist dem Neuen gegenüber aufgeschlossen und versucht die Menschen zu bewegen. Doch merkt sie schnell, das sie durch ihre Argumente - z.B. in den Westen zu gehen um da zu arbeiten-, nicht mitreißen kann. Sie hört dann solche Argumente wie: “Das ist zu weit, langer Arbeitsweg“ was Jana hilflos macht obwohl sie helfen will und die Menschen hier eigentlich mag. Jana leidet unter diesen Umständen und beschließt nun etwas für sich zu tun. Nach langem Kampf mit den Psychiatern und der Krankenkasse, findet sie eine Therapiemöglichkeit in Ostwestfalen. Als sie in Ostwestfalen ankommt wirken die Menschen hier ausgeglichen und man erhält hier handfeste Informationen, an denen man sich orientieren kann. Die Menschen sind auch Risiko freudiger. Als ihre Therapie endet fährt sie mit dem Entschluss nach Sachsen, einen Neuanfang zu wagen und in die „alten“ Bundesländer zu ziehen. Sie ist nun die Woche über viel in B., kauft sich eine Zeitung, schaut nachdem Wohnungsmarkt, besichtigt Wohnungen und findet schließlich ein Apartment in einem Studentenwohnheim. Nun sieht sie den letzten Wochen in ihrer Heimat gelassen entgegen, das sie jetzt weiß, dass das schwierige Leben hier im Osten, bald ein Ende hat. In einigen Wochen ist es nun soweit. Sie sitzt auf gepackten „Koffern“ und fährt ihren Umzug mit einem Leihwagen und einem Arbeitskollegen der sie begleitet damit sich Jana sicherer fühlt- sie ist schon einige Jahre nicht mehr Auto gefahren- gen Westen. In der Stadt ihrer Wahlheimat angekommen beginnt sie nun ein neues Leben. Und obwohl es immer ihr Traum war auf dem Lande zu leben, hat es sie immer in größere Städte gezogen. B. Hat ca. 300000 Einwohner wo sie jetzt lebt.

Seit ihrem Umzug in ihre Wahlheimat, sind nun neun Jahre vergangen. Sie hat es hier auch mit Arbeit versucht, trotz ihrer EU Rente. Einmal, wurde sie abgelehnt wegen ihrem Dialekt. Da verstand Jana die Welt nicht mehr. Im Laufe der Jahre lass sie allerdings regelmäßig das Tagesblatt von der Stadt in der sie lebte. Da stand auch mal drin, das ein Arbeitgeber niemanden wegen seinem Dialekt ablehnen darf. Jana wurde damit schmerzlich an ihre Erfahrung erinnert und hatte nun das Bedürfnis, mit ihrer Erfahrung in die Öffentlichkeit zu gehen. Darum schrieb sie einen Leserbrief, der auch veröffentlicht wurde. Das war für Jana eine Bestätigung dafür, das es unrechtens ist, so behandelt zu werden. Auf den darauf folgenden zwei Arbeitsstellen, verlor Jana ihre Arbeit, da ihre Arbeitgeber in Konkurs gingen und Jana dann keinen Lohn erhielt. Da sie aber eine feste Einkommensgrundlage nämlich ihre Rente hat, brauch sie sich keine Sorgen machen, auf der Straße zu landen. Es war für sie nicht so einfach, hier Fuß zu fassen. Sie musste immer wieder Versuche unternehmen, ob nun über die Arbeit, oder die Zugehörigkeit in Vereinen. Ihre Aufgeschlossenheit wurde oft falsch bewertet. Im Bus fand sie es von einem Fahrgast mutig, sich auf den „Glatzkopf“ einen Scanner tätowiert zu haben. Jana sprach ihn daraufhin an. Sie machte ihm Komplimente wie toll sie das findet. Er sagte gar nichts. Seine -freundin die hatte sie gar nicht wahrgenommen sagte aber zu ihr, sie hätte schon eine bessere „Anmache“ gehört. Jana war über das Verhalten der Frau, sehr verletzt. Wollte sie doch einfach nur nett sein, ohne Hintergedanken zu haben. So schwer Menschen kennen zulernen, hat sie sich nicht vorgestellt. Sie ist enttäuscht vom „Westen“. Neulich sah Jana im Bus eine Werbung abgebildet, ein Bus mit Fahrgästen die sich gegenüber sitzen und darunter steht: “Keiner sagt was, warum eigentlich“. Diese Werbung, spricht Jana voll aus dem Herzen. Denn genau so, erlebt sie es immer wieder in Straßenbahn und Bussen. Dabei ist es doch die beste Möglichkeit, die gemeinsame Fahrt mit einer Unterhaltung zu verbinden und neue interessante Menschen, kennen zu lernen. Sie stellt in ihren Beobachtungen fest, das die Menschen hier anders sind, als da, wo sie herkommt. In ihrer Kleinstadt war es normal, das man sich traf um zusammen in das Restaurant oder die „Kneipe“ zu gehen. Wenn man zu zweit war, setzte man sich an einen Tisch, wo noch zwei Leute saßen und man kam schnell ins Gespräch. Oder die Nachbarn, man grüßte, fragte wie es geht und dann wurde das Neueste aus der Nachbarschaft erzählt. Natürlich wurde nicht gehetzt! Man sprach über die Kinder oder die Arbeit. Hier sieht man die Hausbewohner vielleicht alle paar Wochen mal und dann wird, wenn überhaupt nur gegrüßt. Es gibt hier auch Hausgemeinschaften wo man ohne ein Wort des Grußes aneinander vorbei geht. Oftmals gibt es Stress mit der Hausordnung. Es gibt Mieter, die machen sie einfach nicht und das frustriert dann diejenigen, die auf Sauberkeit, großen Wert legen. So etwas, gab es bei uns im „Osten“ nicht. Die Hausordnung zu machen, war eine Selbstverständlichkeit. Das trug natürlich zu einem guten Hausklima mit bei. Trotz der vielen Schwierigkeiten die Jana hier erlebte, fand sie einen guten Kameraden hier der soweit es in seiner Macht stand ihr gerne half. Wenn sie zusammen weggingen, kam es darauf an wohin. Es gibt hier Orte, wo ihr Freund Dirk bekannt war auf Grund seiner handwerklichen Fähigkeiten die seinen Bekanntenkreis beachtlich erweiterten aber da wurde nur er gegrüßt und Janas Existenz, wurde gar nicht wahrgenommen. Das ärgerte Jana schon manchmal und verletzte sie auch. Oder sie ging in der Stadt auch schon mal alleine in die Kneipe, grüßte beim reinkommen so wie sie es in ihrer alten Heimat gewohnt war alle guckten sie großartig an, aber keiner erwiderte ihren Gruß. Um die Fremdheit zu überwinden und auf Grund ihrer psychischen Erkrankung, schließt sie sich  schließlich einem Selbsthilfe Verein an. Hier lernt sie nun gleichgesinnte kennen, wird in den erweiterten Vorstand gewählt beteiligt sich an der Vereinsarbeit und lernt dadurch eine gute Freundin kennen. Trotzdem gibt es noch Tage, wo sie sich fremd fühlt. Die oft besagte „Sturheit“ der Ostwestfalen, klingt in Janas Ohren, sehr negativ. Deswegen spricht sie mit und ohne Ostwestfalen doch lieber über deren „Zurückhaltung“.  Den Ostwestfalen wird auch nachgesagt, wenn man mit ihnen warm geworden ist, kann man mit ihnen „Pferde“ stehlen gehen. Jana macht durch ihre Vereinsarbeit die Erfahrung, das man sich für ihre Belange, mit einsetzt und ein privater Kontakt, ist auch schon entstanden. Trotzdem gibt es für Jana noch Tage, wo sie sich hier fremd fühlt. Jana weiß aber auch, das es für sie, kein zurück mehr gibt. Ist in ihren Augen doch ihre alte Heimat durch die Wende „zerbrochen“. Sie wird geduldiger mit sich und den Mitmenschen hier sein müssen und lebt in der Hoffnung, das B. Zu ihrer zweiten Heimat wird und sie eines Tages sagen kann, hier „angekommen“ zu sein.

 

 

Mein Bielefeld

 

Bielefeld - für mich eine Oase. Hier bekomme ich neue Impulse für mein Leben.

Bielefeld - auch eine Multi-kulturelle Stadt- das macht die Stadt, so interessant.

Bielefeld - eine Stadt des „Wissens“. Hier gibt es viele Museen. Da zieht es mich ab und zu mal hin. Da tanke ich Kraft auf, entfliehe dem pulsierenden Treiben auf den Straßen- und von meinen Alltagssorgen. Gestärkt und in mich ruhend gehe ich dann wieder durch die lebendigen Straßen.

Bielefelder - hört her, ihr seid nicht immer einfach. Aber wenn man Geduld aufbringt, lernt man Euch richtig kennen und erkennt Euren guten Kern.

Bielefeld - man findet bei Euch immer eine Nische, wo man sich zugehörig fühlt.

Bielefeld - die Vielseitigkeit und die Toleranz, zeichnet Euch aus.

Der Bielefelder - ein Individualist wie habe ich das in der DDR vermisst! Hier kann ich sein wie ich mich fühle. Muss mich nicht verstecken und kann auch mal die Tür hinter mir zuziehen, meinen eigenen Gedanken nachhängen, um sich nicht gleich ausgegrenzt zu fühlen, weil man anders ist eben ein Individualist und sich auch mal nach Einsamkeit sehnt.

Bielefeld - die Stadt der Busse und Bahnen. Die bringen einen überall hin und ich vermisse ein Auto nicht. Auch die Radler wurden bedacht. Überall gekennzeichnete Wege. So fährt man wohl behütet durch die Straßen. Ist nicht nur umweltbewusst, sondern man genießt ein Stück Natur. Wer sich auskennt, fährt durch den „grünen Gürtel“ und kommt überall an. Das macht mir Lust, auch mal auf das Fahrrad „umzusteigen“.

Bielefeld - die Stadt des „Genusses“. Die unterschiedlichen Restaurants laden zum essen ein. Hier kann man Türkisch, polnisch, ungarisch, thailändisch usw. essen. Für jeden „Genuss“, ist etwas dabei.

Bielefeld - die Stadt der Baustellen. Eine endet, die nächste fängt 500m weiter. Wie im Dschungel. Wer sich hier zurecht findet, ist medaillenreif! Gibt es so etwas schon?

Bielefeld - Du bist nun 800 Jahre alt. Die Menschen hier, eifern Dir nach - sie werden immer älter. Aber auch dafür ist gesorgt. Es gibt immer mehr Versorgungseinrichtungen für alte Menschen mit Betreuungspersonal. Das gute, man zahlt nicht zu. So, lohnt sich Alt werden in einer eigenen Wohnung.

Bielefeld - um die kleinen Erdenbürger, kümmerst Du Dich auch, damit Mutti und Vati arbeiten gehen können. Du schaffst Kinder Krippenplätze. Na endlich, endlich mal ausgeschlafen? Bei uns im Osten gibt es diese schon seit Jahrzehnten. War wohl doch nicht alles so schlecht in der DDR!

Bielefeld - die Stadt der Studenten. Was wäre wohl Bielefeld ohne Uni? Die Studenten kommen von überall her, mit Neuen Ideen und bereichern unsere Stadt.

Und nicht zu vergessen der Siggi. Treff vieler Studenten. Im Sommer reich besucht, manchmal auch mit Musik z.B. Gitarrenspiel. Da lebt nicht nur der Platz, sondern die Menschen leben hier auf. Es ist hier nicht starr.

Und dann noch unser schwuler Oberbürgermeister. Mehr Toleranz kann es wohl in Bielefeld nicht geben.

Also Bielefeld, bleib so wie Du bist.